Gedichte zum Advent
Viele alte Menschen mussten in ihrer Schulzeit Gedichte auswendig lernen. Beim Auswendiglernen wird das Gedicht sehr oft wiederholt und brennt sich dadurch ins Gedächtnis ein. Selbst mittelgradig demente Menschen stimmen noch mit ein, wenn ein altbekanntes Gedicht vorgelesen wird.
Im Advent
Immer ein Lichtlein mehr
im Kranz, den wir gewunden,
dass er leuchte uns so sehr
durch die dunklen Stunden.
Zwei und drei und dann vier!
Rund um den Kranz welch ein Schimmer,
und so leuchten auch wir,
und so leuchtet das Zimmer.
Und so leuchtet die Welt
langsam der Weihnacht entgegen.
Und der in Händen sie hält,
weiß um den Segen!
Matthias Claudius
Weihnachtsfabel der Tiere
nach Ingeborg Hildebrandt
(kein Gedicht, aber sehr schön zum Vorlesen)
Die Tiere diskutierten einst über Weihnachten...
Sie stritten, was wohl die Hauptsache an Weihnachten sei.
"Na klar, Gänsebraten", sagte der Fuchs. "Was wäre Weihnachten ohne Gänsebraten?"
"Schnee", sagte der Eisbär."Viel Schnee." Und er schwärmte verzückt von der weißen Weihnacht.
Das Reh sagte: "Ich brauche aber einen Tannenbaum, sonst kann ich nicht Weihnachten feiern."
"Aber nicht so viele Kerzen", heulte die Eule. "Schön schummrig und gemütlich muss es sein. Stimmung ist die Hauptsache."
"Aber mein neues Kleid muss man sehen", sagte der Pfau.
"Wenn ich kein neues Kleid kriege, ist für mich kein Weihnachten."
"Und Schmuck!" krächzte die Elster. "Jede Weihnachten bekomme ich was: einen Ring, ein Armband. Oder eine Brosche oder eine Kette. Das ist für mich das Allerschönste an Weihnachten."
"Na, aber bitte den Stollen nicht vergessen", brummte der Bär, "das ist doch die Hauptsache. Wenn es den nicht gibt und all die süßen Sachen, verzichte ich auf Weihnachten."
"Mach's wie ich:" sagte der Dachs, "pennen, pennen, pennen. Das ist das Wahre. Weihnachten heißt für mich: Mal richtig pennen."
"Und saufen", ergänzte der Ochse. "Mal richtig einen saufen - und dann pennen."
Aber da schrie er "Aua", denn der Esel hatte ihm einen gewaltigen Tritt versetzt. "Du Ochse du, denkst du denn nicht an das Kind?"
Da senkte der Ochse beschämt den Kopf und sagte:
"Das Kind. Jaja, das Kind - das ist doch die Hauptsache. "
"Übrigens", so fragte er nach einer Weile den Esel, "wissen das die Menschen eigentlich noch?"
http://www.ratzeburgerdom.de/1223_predigt.htm
Adventszeit Mitsprechgedicht
Alle Jahr' wieder das Kaufhausgedrängel
überall Lametta, Sterne und … Engel
Hell und grell strahl die Lichtreklame
Jetzt im Angebot: Schmuck für die … Dame!
Beliebt sind auch Goldketten für die Hälse
oder ein warmer Mantel aus edelstem … Pelze.
Das Mordsgedränge am Christkindelsmarkt
stresst manchen fast bis zum Herz … infarkt.
Als wärs der wichtigste Weihnachtsbrauch
stopft man sich Bratwurst in den vollen … Bauch.
Glühwein wird nicht getrunken – nein gesoffen!
Das ist beschämend, ich sag es ganz … offen.
In Buden verkauft man Kränze und Kerzen
und sogar Salbe gegen die Glieder … schmerzen!
Aus Lautsprechern schallt Weihnachtsliedergeleier -
schöner wär' doch eine besinnliche … Feier.
Das Jesuskind damals lag in der Krippe auf Stroh.
Ganz ohne Konsum war'n seine Eltern … froh.
Wir sollten den Blick auf das Jesuskind lenken
und nicht auf den Kauf von vielen … Geschenken.
Ist dies nur ein frommer Wunsch, nur ein Traum?
Wird es nächstes Jahr anders – ich glaub es … kaum!
Volker Gehlert
(Mein Dank gilt der Mundartdichterin Irmes Eberth, deren Gedicht „Vorweihnachtszeit“ mich zu diesem Mitsprech-Gedicht inspiriert hat!)
Altbayerische Weihnachten
Auf an goldigen Schimmi,
reit´s Christkindl vom Himmi,
Hat a Sackl guati Sach´n,
Daß die Kinder grad lach´n.
Und der Schnee tuat glitz´n,
Und die Stern, die tean blitz´n.
Und die Kerz´n im Dunkeln,
Ganz absunderlich funkeln.
Was hat dös zu bedeuten,
Daß die Glock´n so läuten
Und die Büchs´n so krachen
Und a Mordsmett´n machen ?
Horch! Da hört ma was singa
Und a Musi tuat klinga:
„O du heilige Nacht,
Hast uns´s Christkindl bracht!“
Franz Xaver Rambold
Knecht Ruprecht
Von grünen Tannen ganz umstellt,
Liegt still ein Haus am End der Welt.
Darinnen haust auf seine Art
Ein alter Mann mit langem Bart.
Wenn's Winter wird, da gibt's zu tun;
Kein Augenblick ist da zu ruhn.
Und wenn's die ersten Flocken schneit,
Da lächelt er: „Bald ist's soweit.“
Und eines Abends schwebt ganz sacht
Ein Engel wieder durch die Nacht.
Er schwebt, umglänzt von goldnem Schein,
Auf's Häuschen zu und geht hinein.
"He, Alter" - ruft er - "seid bereit!
Die Zeit ist da, es ist soweit!"
Der Engel aber - dass Ihr's wisst -
Kein andrer als das Christkind ist.
Ihm dient der Alte treu und recht;
Knecht Ruprecht ist's des Christkinds Knecht
Längst fertig sind die Sachen all;
Der Esel wartet schon im Stall.
Der gute Graue, dick vom Ruh'n,
Bekommt nun tüchtig was zu tun.
Zwei große Säcke bis zum Rand
Gefüllt - so geht's ins Menschenland.
Am nächsten klopft's bei euch an:
Knecht Ruprecht ist's, der liebe Mann.
Emil Weber (1877-1944)
Ein Tännlein aus dem Walde
Ein Tännlein aus dem Walde,
Und sei es noch so klein,
Mit seinen grünen Zweigen
Soll unsre Freude sein!
Es stand in Schnee und Eise
In klarer Wintersluft;
Nun bringt's in unsre Stuben
Den frischen Waldesduft.
Wir wollen schön es schmücken
Mit Stern und Flittergold,
Mit Äpfeln und mit Nüßen
Und Lichtlein wunderhold.
Und sinkt die Weihnacht nieder,
Dann gibt es lichten Schein,
Das leuchtet Alt und Jungen
Ins Herz hinein.
Albert Sergel (1876-1946)
Christnacht
Es steht ein Stern verloren
Hoch über einem Haus;
Drin ist ein Kind geboren:
Ein Licht geht von ihm aus.
Von wenigen vernommen
Tönt eine Botschaft fern:
Die Weisen und die Frommen
Verkünden jenen Stern.
Da lauschen alle Ohren,
Zu denen Kunde dringt:
Wo ist der Mensch geboren,
Der mir Erlösung bringt?
Die Stätte zu betreten,
Welch Weges muss ich ziehn?
Das Wunder anzubeten,
Wo gläubig niederknien?
Hedwig Lachmann
Weihnachtsfreude
Der Winter ist gekommen
Und hat hinweg genommen
Der Erde grünes Kleid;
Schnee liegt auf Blütenkeimen,
Kein Blatt ist an den Bäumen,
Erstarrt die Flüsse weit und breit.
Da schallen plötzlich Klänge
Und frohe Festgesänge
Hell durch die Winternacht;
In Hütten und Palästen
Ist rings in grünen Ästen
Ein bunter Frühling aufgewacht.
Wie gern doch seh' ich glänzen
Mit all den reichen Kränzen
Den grünen Weihnachtsbaum!
Dazu der Kindlein Mienen
Von Licht und Luft beschienen;
Wohl schönre Freude gibt es kaum.
Ist groß schon das Entzücken
Der Kinder, die erblicken,
Was ihnen ward beschert:
Wie haben erst die Kunde
Dort aus des Engels Munde
Die frommen Hirten angehört!
Und rings ob allen Bäumen
Sang in den Himmelsräumen
Der frohen Engel Schar:
„Gott in der Höh' soll werden
Die Ehre, und auf Erden
Den Menschen Frieden immerdar."
Drum pflanzet grüne Äste
Und schmücket sie aufs beste
Mit frommer Liebe Hand,
Dass sie ein Abbild werden
Der Liebe, die zur Erden
Solch großes Heil uns hat gesandt.
Robert Reinick (1805 - 1852)