Gedichte zum Winter
Viele alte Menschen mussten in ihrer Schulzeit Gedichte auswendig lernen. Beim Auswendiglernen wird das Gedicht sehr oft wiederholt und brennt sich dadurch ins Gedächtnis ein. Selbst mittelgradig demente Menschen stimmen noch mit ein, wenn ein altbekanntes Gedicht vorgelesen wird.
Daneben gibt es sogenannte Mitsprechgedichte. Bei diesen Gedichten ist das Reimwort sehr einfach vorhersehbar. Daher ist dies eine Mischung aus Quiz und Gedicht. Probieren Sie es einmal mit den alten Menschen zusammen aus!
Winter (ein Gedicht von Matthias Claudius)
Der Winter ist ein rechter Mann,
Kernfest und auf die Dauer;
Sein Fleisch fühlt sich wie Eisen an
Und scheut nicht Süß noch Sauer.
Er zieht sein Hemd im Freien an
Und läßt′s vorher nicht wärmen,
Und spottet über Fluß im Zahn
Und Kolik in Gedärmen.
Aus Blumen und aus Vogelsang
Weiß er sich nichts zu machen,
Haßt warmen Drang und warmen Klang
Und alle warmen Sachen.
Doch wenn die Füchse bellen sehr,
Wenn′s Holz im Ofen knittert,
Und an dem Ofen Knecht und Herr
Die Hände reibt und zittert;
Wenn Stein und Bein vor Frost zerbricht
Und Teich und Seen krachen,
Das klingt ihm gut, das hasst er nicht,
Dann will er sich totlachen. -
Sein Schloß von Eis liegt ganz hinaus
Beim Nordpol an dem Strande;
Doch hat er auch ein Sommerhaus
Im lieben Schweizerlande.
Da ist er denn bald dort, bald hier,
Gut Regiment zu führen.
Und wenn er durchzieht, stehen wir
Und sehn ihn an und frieren.
Das Büblein am Weiher
Gefroren hat es heuer
noch gar kein festes Eis
Das Büblein steht am Weiher
und spricht zu sich ganz leis:
"Ich will es einmal wagen
das Eis, es muss doch tragen. - Wer weiß? "
Das Büblein stapft und hacket
mit seinem Stiefelein.
Das Eis auf einmal knacket
und krach! schon bricht´s hinein.
Das Büblein platscht und krabbelt
als wie ein Krebs und zappelt mit Arm und Bein.
"O helft, ich muss versinken
in lauter Eis und Schnee
O helft, ich muss ertrinken
im tiefen, tiefen See"
Wär nicht ein Mann gekommen –
der sich ein Herz genommen - o weh!
Der packt es bei dem Schopfe
und zieht es dann heraus -
vom Fuße bis zum Kopfe
wie eine Wassermaus
Das Büblein hat getropfet,
der Vater hat´s geklopfet
zu Haus.
Friedrich Güll
Die drei Spatzen
In einem leeren Haselstrauch
Da sitzen drei Spatzen, Bauch an Bauch.
Der Erich rechts und links der Franz
Und mitten drin der freche Hans.
nn
Sie haben die Augen zu, ganz zu,
und obendrüber da schneit es, hu!
Sie rücken zusammen dicht an dicht.
So warm wie Hans hat's niemand nicht.
Sie hör'n alle drei ihrer Herzlein Gepoch.
Und wenn sie nicht weg sind, so sitzen sie noch.
Christian Morgenstern
Der Winter ist gekommen
Der Winter ist gekommen
und hat hinweggenommen
der Erde grünes Kleid;
Schnee liegt auf Blütenkeimen,
kein Blatt ist auf den Bäumen,
erstarrt die Flüsse weit und breit.
Da schallen plötzlich Klänge
und frohe Festgesänge
hell durch die Winternacht;
in Hütten und Palästen
ist rings in grünen Ästen
ein bunter Frühling aufgemacht.
Wie gern doch seh ich glänzen
mit all den reichen Kränzen
den grünen Weihnachtsbaum;
dazu der Kindlein Mienen.
von Licht und Lust beschienen;
wohl schön're Freude gibt es kaum.
Volksgut
ABC - die Katze lief im Schnee
A B C,
Die Katze lief im Schnee.
Und als sie dann nach Hause kam,
Da hatt' sie weiße Stiefel an.
O jemine! O jemine!
Die Katze lief im Schnee.
A B C,
Die Katze lief zur Höh!
Sie leckt ihr kaltes Pfötchen rein
Und putzt sich auch die Stiefelein
Und ging nicht mehr, und ging nicht mehr
Und ging nicht mehr im Schnee.
Kinderreim
Winter
Draussen jetzt Schnee schon fällt
fällt auf meine kleine Welt
setzt sich auf's Rasenstück
hält sich vor nichts zurück,
hüllt mit Beharrlichkeit
alles ins weiße Kleid.
Lautlos fliegt er daher
macht Äste und Zweige schwer
polstert den Giebel weiß
bedeckt mit stillem Fleiß
Garten und Vogelhaus
macht ein Gemälde draus.
Rieselt grad wie er will
so unbegreiflich still
nieder auf Strauch und Baum,
schneit mir den Wintertraum.
Frei nach Irmes Eberth „Winder“ (Mundartgedicht) aus dem Buch „'n Gang durch's Jahr“, pawel pan presse, Büdingen, 2000. Übertragung ins Hochdeutsche: Volker Gehlert
Januar
Wohin man schaut, nur Schnee und Eis,
Der Himmel grau, die Erde weiß;
Hei, wie der Wind so lustig pfeift,
Hei, wie er in die Backen kneift!
Doch meint er's mit den Leuten gut,
Erfrischt und stärkt, macht frohen Mut.
Ihr Stubenhocker schämet euch,
kommt nur heraus, tut es uns gleich.
Bei Wind und Schnee auf glatter Bahn,
Da hebt erst recht der Jubel an.
Verfasser: Robert Reinick (1805-1852)
Mitsprechgedicht
Februar
Für mich ist der Monat Februar
der hoffnungsvollste vom ganzen … Jahr.
Zwar geht’s gemächlich und nicht schnell
doch täglich bleibt's ein wenig länger … hell.
In den Februarnächten friert's Stein und Bein,
doch am Tag lacht uns schönster Sonnen … schein.
Schau ich zu meinem Fenster raus,
sieht's schon ein ganz klein wenig nach Frühling … aus.
An kahlen Ästchen und Sträucherzweigen
ganz zarte rosa Blütchen sich … zeigen!
An manchen hellen Tagen bringt die Sonne
meinem Gemüt ein bisschen Freud' und … Wonne.
Natürlich ist draussen noch bitterkalt -
doch wir wissen: Der Frühling kommt schon … bald.
Wir haben die närrischen Tage hinter uns gebracht -
im Karneval hab'n wir geschunkelt und … gelacht.
Es wird heller, es wird wärmer – glaub' es mir!
Denn nun steht der März mit Macht vor der … Tür
Der Februar ist zwar ein kalter Mann
doch er kündigt vom Winter das Ende … an.
D'rum Februar gibst du mir Zuversicht
der Frühling kommt – ich bezweifle es … nicht!
VG
(sehr frei nach einem Mundartgedicht von Irmes Eberth)
Der Apfeltraum
Hoch in einem Apfelbaum
träumt' ein Apfel einen Traum.
"Ha! Der Schönste bin ich. Seht,
wie gut mir dieses Schönsein steht!
Rot die Backen, prall und rund,
zudem bin ich kerngesund.
Jeder, der mich sieht, ruft: 'Oh!
diesen Apfel mag ich so!
Lieber Apfel, komm zu mir!
Mir gelüstet sehr nach dir.'
Nicht mit mir. Ich rufe: 'Pah!
Ich bin nicht für jeden da!'"
Sprach's und streckte sein Gesicht
zu der Sonne hellem Licht.
Längst war'n alle Äpfel fort,
nur der Apfel hing noch dort
oben hoch in seinem Baum.
Wahr geworden war sein Traum.
Als der Winter zog ins Land,
man ihn dort noch immer fand.
Er hängt jetzt noch, welk, verfroren,
seine Schönheit ist verloren. Verfasserin: Elke Bräunling
Der Schneemann auf der Straße
Der Schneemann auf der Straße
trägt einen weißen Rock,
hat eine rote Nase
und einen dicken Stock.
Er rührt sich nicht vom Flecke,
auch wenn es stürmt und schneit.
Stumm steht er an der Ecke
zur kalten Winterszeit.
Doch tropft es von den Dächern
im ersten Sonnenschein,
da fängt er an zu laufen,
und niemand holt ihn ein. Verfasser: Robert Reinick (1805-1852)
Verschneit liegt rings die ganze Welt
Verschneit liegt rings die ganze Welt,
Ich hab' nichts, was mich freuet.
Verlassen steht der Baum im Feld,
Hat längst sein Laub verstreuet.
Der Wind nur geht bei stiller Nacht
Und rüttelt an dem Baume.
Da rührt er seinen Wipfel sacht
Und redet wie im Traume.
Er träumt von künftiger Frühlingszeit,
Von Grün und Quellenrauschen,
Wo er im neuen Blütenkleid
Zu Gottes Lob wird rauschen.
Joseph von Eichendorff